Verteilte Multiskalensimulation zur Optimierung der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen für den Flugzeugbau

Verteilte Multiskalensimulation zur Optimierung der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen für den Flugzeugbau

Faserverbundwerkstoffe werden als Standardwerkstoffe zukünftiger Herstellungsverfahren betrachtet und bereits seit Jahren mit steigender Tendenz im Fahrzeug- und Flugzeugbau eingesetzt. Sie kombinieren Vorteile ihrer Einzelbestandteile Faser und Kunststoff zu einem Ganzen und zeichnen sich häufig durch eine hohe Festigkeit, Steifigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht aus.

Motivation und technischer Hintergrund

Im Fahrzeug- und Flugzeugbau ist das Eigengewicht des Flugzeugs proportional zu dem Kraftstoffverbrauch. Deshalb besteht ein ökonomischer Anreiz Werkstoffe mit geringem Gewicht zu verwenden. Die Firma Airbus beispielsweise setzt seit Jahrzehnten neben schweren metallischen Bauteilen auch leichte Polymerwerkstoffe ein. Über das Gewicht hinaus müssen die verwendeten Werkstoffe spezielle Funktionalitäten abdecken und Anforderungen erfüllen. Sie gehören damit zu den Funktionswerkstoffen. Durch ihr geringes Gewicht, ihre hohe Stabilität und sicherheitsrelvante Funktionalitäten wie die Nichtbrennbarkeit des Materials bieten faserverstärkte Polymerwerkstoffe einen breiten Einsatzbereich.

In faserverstärkten Polymerwerkstoffen ist eine Faserstruktur in das Polymer eingebracht, um so die physikalischen Eigenschaften besser an die Anforderungen anzupassen. Faserwickeln, und Prepeg Technologie sind häufig benutzte Verfahren, um Faserverbundwerkstoffe herzustellen. Bei einem weiteren Herstellungsverfahren, der Vakuum-Infusion, das im Fokus des Vorhabens liegt, wird trockenes Fasermaterial in eine mit Trennmittel beschichtete Form gelegt. Darüber wird ein Trenngewebe und ein Verteilermedium gelegt. Nach Abdichtung der Vorrichtung, Anlegen eines Vakuums und Einbringung von Polymerharz umströmt dieses die Faserstruktur. Die Qualität des Werkstoffs hängt stark von den Gegebenheiten Druck, Temperatur, chemischen Zusammensetzung des Polymers und der geometrischen Form der Faserstruktur während des Herstellungsverfahrens ab. Einschlüsse im Polymer durch Luftblasen beispielsweise mindern die Werkstoffqualität. Darüber hinaus führt eine zu heterogene Molekülstruktur zu lokal unterschiedlichen Materialeigenschaften und kann später, unter Belastung, zum Bruch des Bauteils führen. Über die reinen physikalischen Gegebenheiten während des Herstellungsprozesses hinaus sind in der Praxis fertigungstechnische Parameter entscheidend. Bei einer Werkzeugform von Flugzeugtüren, in die das Polymerharz eingebracht werden soll, ist beispielsweise die optimale Position der Einlassstutzen und der Einlassdruck wichtig für die Qualität des Werkstoffs der Flugzeugtür.

Die Herstellung besonders funktioneller Faserverbundwerkstoffe mit hoher Qualität entspricht in der räumlichen Dimensionierung einem multiskaligen Problem. Auf unterster Ebene bestimmt die Richtung und die Länge sowie die chemischen, thermodynamischen und mechanischen Eigenschaften der Polymermoleküle das Verhalten des Faserverbundwerkstoffs. Mehrere Ebenen darüber haben Geometrie der Faserstruktur, die hydro-dynamischen Gegebenheiten beim Einlass des Polymers in die Form über die Einlassstutzen einen Einfluss. Durch die Multiskaligkeit ergibt sich ein sehr komplexes numerisches Optimierungsproblem, da verschiedene physikalische und geometrische Modelle in Betracht gezogen werden müssen. Bei den Polymeren handelt es sich um Flüssigkeiten mit hoher Viskosität, die von Temperatur und Druck abhängt und die zu ermitteln ist. Darüber hinaus variiert die Diskretisierung, die zur Lösung des Modells notwendig ist, sehr stark in ihrer räumlichen Ausdehnung.

Modellparameter über Materialeigenschaften wie Viskosität und Dichte bei einem bestimmten Druck und einer bestimmten Temperatur, die das Fließverhalten des Polymerharzes bestimmen, können in einem Messstand bestimmt werden. Darüber hinaus kann der Einfluss der Gewebegeometrie auf das Fließverhalten untersucht werden. Für eine detaillierte Untersuchung von optimalen Herstellungsverfahren von Faserverbundwerkstoffen sind sowohl Messungen als auch numerische Simulationen erforderlich. Durch Messungen lassen sich nur begrenzt und mit hohem Material- und Zeitaufwand Herstellungsparameter variieren. Gleichzeitig sind Messungen rein deskriptiv.

Zu untersuchende Phänomene

Der genaue physikalische Grund für die physikalischen Mechanismen, die für die Eigenschaften des Werkstoffs verantwortlich sind, um allgemeine Aussagen darüber zu erhalten, lässt sich mit Messungen nicht bestimmen. Eine Lösung dieses Problems bilden numerische Simulationen. In diese Simulationen werden Materialparameter aus den Messungen hineingesteckt. Aus bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die über partielle Differentialgleichungen in die Simulationen integriert sind, lässt sich ein tiefgründiges und allgemeingültigeres Bild über das Verhalten von Faserverbundwerkstoffen herstellen. Etablierte Simulationswerkzeuge für Materialsimulation von Faserverbund-Werkstoffen sind ESAComp, LamCens und CompositeStar. Sie bieten meistens nur 2 D- Diskretisierung an und enthalten keinen Multiskalenansatz. 2 D- Simulationen vereinfachen das Fließverhalten des Harzes in dicken Bauteilen zu stark, da das Harz auch in der dritten Dimension dynamisches Verhalten zeigen kann. Multiskalensimulationen sind wichtig, um im Rahmen des Optimierungsprozesses alle an den Eigenschaften des Harzes beteiligten Ebenen miteinzubeziehen. Das Herstellungsverfahren als solches mit der Positionierung von Einlassstutzen lässt sich mit etablierten Softwaretools nur indirekt beschreiben. In der Praxis besteht ein hoher Bedarf, im Vorfeld das Fließverhalten des Harzes zu bestimmen und so die Entwicklungszeiten von Bauteilen zu verkürzen. Dafür ist eine Einbeziehung von Fertigungstechniken in die Simulationen notwendig. Da bei multiskaligen Simulationen ein hoher Rechenbedarf besteht, ist das verteilte Rechnen auf Rechenclustern dringend erforderlich. Effizientes verteiltes Rechnen wird von der etablierten Software nur in Teilen angeboten.